Osseten

Osseten
Osseten,
 
Ọssen, iranisches Volk auf der nördlichen und südlichen Abdachung des zentralen Hochgebirgskaukasus. Die rd. 600 000 Osseten leben v. a. in Nordossetien (Russische Föderation; 53 % der Bewohner), außerdem in Südossetien (Georgien; etwa 10 %) sowie ferner in Kabardino-Balkarien (Russische Föderation), in Ostgeorgien und anderen Teilen der GUS. Die Osseten sind Nachfahren skythischer und sarmatischer Stämme (Alanen), die sich mit autochthonen kaukasischen Elementen mischten; sie gliedern sich heute in die sunnitischen Digoren (bis 40 % der Osseten, meist im Westen von Nordossetien), die zum orthodoxen Christentum bekehrten Iron einschließlich der Alagiren, Kurtalen und Tagauren (mit starkem heidnisch-christlichem Synkretismus) - ebenfalls in Nordossetien - und die stark von Georgiern beeinflussten orthodoxen Tualen südlich des Kaukasushauptkamms. Die Digoren wurden 1944 nach Zentralasien deportiert, nur ein Teil kehrte wieder zurück. Die in Ostgeorgien lebenden Osseten flohen zu großen Teilen nach Nordossetien. Zwischen Inguschen und Osseten kam es 1992 und erneut 1997 zu bewaffneten Konflikten (Inguschetien).
 
Die Osseten trieben im Gebirge Viehzucht (Almwirtschaft) mit wenig entwickeltem Hirse- und Gerstenanbau, in den Ebenen Weizen-, später auch Maisanbau. Durch Übernahme der kabardinisch-georgischen Feudalstruktur (Adel, Freie, Bauern, Hörige, Sklaven) entstanden bei den Osseten mächtige adlige Familien mit strengem Sittenkodex; Großfamilien mit bis zu 100 Personen, die in den Bergen in festungsartigen Gehöften lebten. In Nordossetien fand seit 1917 eine verstärkte Industrialisierung (Bergbau, Holz- und Nahrungsmittelindustrie) statt.
 
Das Ossetische ist der einzige noch heute gesprochene Vertreter der iranischen Sprachen der Westskythen (Sarmaten, Alanen), der sich von verwandten iranischen Sprachen abgesondert und weitgehend ohne islamischen Einfluss im zentralen Kaukasus entwickelt hat. Man unterscheidet zwei Hauptmundarten: das archaischere nordwestossetische Digoron und das überwiegende ostossetische Iron mit seinem südlichen Unterdialekt Tualisch. Die auf der Grundlage des Iron basierende Literatursprache wird seit Beginn des 19. Jahrhunderts in kyrillischer (1923-38 in lateinischer) Schrift geschrieben. Begründer dieser Literatur war der Nationaldichter Kosta Chetagurow (* 1859, ✝ 1906). Neben einer lebhaften schöpferischen Tätigkeit seit der Oktoberrevolution besteht eine reiche Volksdichtung, besonders das Heldenepos der legendären Narten (Nartendichtung).
 
 
F. Thordarson: Ossetic, in: Compendium Linguarum Iranicarum, hg. v. Rüdiger Schmitt (1989).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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